Der «alte weisse Mann» im Windschatten von Spiess-Hegglin

Der «alte weisse Mann» im Windschatten von Spiess-Hegglin

Wie Hans-Jürgen «Hansi» Voigt Jolanda Spiess-Hegglin bei ihrem Shitstorm gegen Michèle Binswanger coachte und mit bespitzelten Mail-Konten eine NetzCourage-Mitstreiterin unter Druck setzte – #hateleaks Teil 6

Es ist nicht bekannt, wann genau Hans-Jürgen (Hansi) Voigt Mitglied im Team Jolanda wurde. Was aber sicher ist: 2017 lancierte er sein Bewerbungsschreiben. Er landete einen Coup mit einem viel beachteten Interview. Erstmals äusserte sich Reto Spiess, der Ehemann von Jolanda Spiess-Hegglin, auf Watson dazu, wie er die Landammann-Affäre seit 2014 erlebt hatte. Voigt lieferte aber nicht nur das Interview. In einem Zusatztext mit dem Titel «Dokumente zur Einordnung» schrieb er Binswanger eine besonders üble Rolle als Journalistin zu und versuchte sie so gezielt zu diskreditieren. Damit hatte er seine Rolle als Libero im Team Jolanda gefunden.

Die beiden blieben ein Dreamteam, Voigt verschrieb sich der Sache offenbar mit Haut und Haar. Er kämpfte öffentlich für Jolanda Spiess-Hegglins Anliegen, wozu auch gehörte, sich an Binswanger abzuarbeiten. Ganz neu war das für ihn nicht, schliesslich hatte er schon 2016 mit einem donnernden Text auf Facebook für Aufsehen gesorgt. Er reagierte damit auf einen Kurzkommentar Binswangers zu seinem Abgang bei Watson, der nicht eben freundlich ausgefallen war. Nun schimpfte er Binswanger eine miserable Journalistin, die nicht nur den Tagesanzeiger runterziehe, sondern eine Beleidigung für den ganzen Berufsstand sei. «Replik des Jahres», nannte das Branchenmagazin Schweizer Journalist Voigts Retourkutsche und nahm sie zum Anlass, ein Porträt mit dem Titel «Church of Hansi» zu schreiben. Es fragte: «Ist Voigt ein Guru? Ein Hochstapler? Ein brillanter Motivator? Ein Blender?» Nach seinem Abgang bei Watson werde er sicher bald wieder auftauchen – mit einer begeisterten Gefolgschaft.

In der Tat: Als Spiess-Hegglin im April 2020 ihren «Anti-Binsi-Chat» eröffnet, ist Voigt zum Spielertrainer von Team Jolanda aufgestiegen. Er ist mittlerweile ehrenamtlicher Beirat im Verein NetzCourage. Er ist Spiess-Hegglins wichtigster Einflüsterer und Spin-Doctor: «mit hansi bin ich in minütlichem whatsapp-kontakt, ich halt ihn uptodate, ok?», schreibt sie. 

Weiter: «Schaut, eben hat Hansi geschrieben. Jene, die ihn nicht kennen: Hansi Voigt hilft mir, gegen den Ringiergrüsel kompetent aufzutreten und hat auch ausgerechnet, was die A********** mit meinem Namen so verdient haben und er kam auf die Summe von 1,5 Millionen. Hansi macht das für mich alles gratis, weil er ein guter Mensch & Feminist & Gerechtigkeitsfanatiker ist.»

 Aber Voigt ist nicht nur ein guter Mensch, Feminist und Gerechtigkeitsfanatiker – und brillanter Rechner. Er ist auch ein begnadeter Hashtag-Stratege: 

Binswanger, die «Alte» mit dem «unaufgeräumten Oberstübchen» soll mit einem geschickt gestreuten Hashtag-Pfad und einem eingebetteten Journalisten beim Kleinreport in Bedrängnis gebracht werden. Der Kleinreport-Journalist soll den Ursprung des Hashtags «IchbineineJolanda» «‘recherchieren’», schreibt Voigt. Und damit belegen, dass Binswangers Gegnerschaft nicht von Team Jolanda herrühre. Das wiederum soll der Anwältin von Spiess-Hegglin, Rena Zulauf, ein «gerichtsgängiges Artikeli» in die Hände spielen. Eine perfekte Strategie.

Sofort ergeht Voigts Masterplan von Spiess-Hegglin als Befehl an die Crew: «die 5-6 aktivsten Frauen, das seid ihr. Wenn wir ab jetzt den Hashtag #ichbineineJolanda (und wenns Platz hat noch #TeamJolanda) nehmen, geht die Geschichte wunderbar auf.» Der Kleinreport publiziert in der Folge nichts dazu und weist die Behauptung, «eingebettete Journalisten» zu beschäftigen zurück. Aber die Hashtags verfehlen ihre Wirkung nicht.

Voigt ist sehr stolz auf seine Fähigkeiten. Das macht er auch im Drachentoeten-Podcast, Teil 3 um Minute 5:15 deutlich: «Ich bin wirklich ein mit allen Wassern gewaschener Journalist, der weiss, wie man Kampagnen macht». Und er hat als alter Online-Journalist noch mehr Tricks auf Lager: Den Internet-Poll zum Beispiel. Dankbar nimmt Spiess-Hegglin die Idee auf: «Hansi schreibt grad: er fragt, ob man auf Twitter eine Umfrage lancieren könnte: «Binsi in die Schranken weisen» richtig/falsch, wen könnt ich da fragen, wer könnt das machen?»

Nicht nur in der Causa Binswanger engagiert sich Hansi. Im Juli 2021 mahnt das Eidgenössische Büro für Gleichstellung Spiess-Hegglin. Einerseits wegen ihres Verhaltens in den sozialen Medien, aber auch weil sie es versäumt hat, ein genügendes Kommunikationskonzept für ihren Verein vorzulegen. Es droht der Entzug von Steuergeldern. Die SonntagsZeitung berichtet am 18. Juli 2021 darüber, was im Chat für einen Hauch von Panik sorgt:


    Aber einer ist in der Krise zur Stelle: «hansi arbeitet was aus (glaub genau so wie dus ansprichst) und ich besprech das asap mit dem präsidium». 


       

      Das NetzCourage-Präsidium besteht zu dieser Zeit noch aus den Nationalrätinnen Tamara Funiciello (SP) und Greta Gysin (Grüne). 

      Wenig später schaltet sich Voigt mit aufmunternden Worten und einem wasserdichten Krisenkommunikationskonzept ein. JSH: «Bin mit Hansi am Schreiben. Er meint: „Schau dir den Tweet über dich/Soz-Artikel vom Hetzer-Köppel an. Der zerbröckelt völlig. #TeamJolanda ist schon sowas von am Ball! Gut ist, überall zu reagieren (nicht zu agieren), Dreckskampagne zu thematisieren und Aktion zu formulieren: #Jolandaschweigtnicht und immer grad https://www.NetzCourage.ch/unterstuetzen/ oder CH38 0078 7785 3459 3467 0 dranhängen»

      Aber Voigt, der für diesen Artikel nicht Stellung beziehen wollte, ist nicht nur der richtige Mann für den Feind gegen aussen, sondern auch gegen innen. Gegen in Ungnade gefallene NetzCourage-Mitstreiterinnen und -Mitarbeiter. 

       Am 14. August konfrontiert Voigt die zu diesem Zeitpunkt bereits zurückgetretene Präsidentin a.i. Liliane Ritzi mit einem Mail, das an sie und einen NetzCourage-Mitarbeiter ergangen ist und will sie zur Rede stellen.

      Ritzi begreift schnell: Das Mail landete nicht bei Voigt wegen «vermutlich falscher Mail-Adresse im cc». Sondern auf unkorrektem Weg. (Lesen Sie hier, wie es dazu kam.) Nicht nur ein Arbeitnehmer wurde hier ausspioniert, sondern auch die (zurückgetretene) Präsidentin a.i. der eigenen Organisation. Nicht nur durch die Geschäftsführerin, sondern auch durch Voigt, der damals ja eigentlich nur Beirat und dessen Rolle unklar war. Und nicht nur das. Voigt verwendet die Mail, um Ritzi und ein anderes NetzCourage-Mitglied unter Druck zu setzen.

       Ritzi: «Es ist nur sehrsehr heikel, was gerade abgeht. Rechtlich. NetzCourage ist ein Arbeitgeber, der seine Mitarbeitenden ausspioniert und jemandem ausserhalb der kommunizierten Leitung Zugang gibt zu MitarbeiterMails? Das ist besser nie passiert.»

      Voigt: «Wir sollten einander nicht drohen, Liliane. Das ist nicht die Intention. Ich hab im Zug des Orga-Entwicklungsprojekt operativen Zugang. […] Aber verstehst du, wie unsicher man wird, angesichts dieses Mails?»

      Ritzi: «Nein. Ich verstehe, dass man sich nicht darauf verlassen kann, dass ein Mail an die richtige Adresse gelangt. […] Das darf nicht an die Öffentlichkeit.»

       Für den angehenden Präsidenten eines Verein gegen Hass im Netz ist es tatsächlich unvorteilhaft, beim Ausspionieren von Mitarbeitern ertappt zu werden. Geschadet hat es ihm jedoch nicht. Hans-Jürgen «Hansi» Voigt, der alte weisse Mann, der mit dem geleakten Mail gegen Mitglieder des Vereins vorgehen wollte, ist der derzeit amtierende Präsident von NetzCourage.

       

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      2 Kommentare

      Wieso sind eigentlich Spenden an diesen ja wohl nachweislich nicht gemeinnützigen Verein noch steuerlich absetzbar?

      Remo

      Hansi Voigt ist für Spiess-Hegglin wie ein Sekten-Guru. Vereint im Hass gegen vermeintliche Gegner gemeinsam in den Wahnsinn und Abgrund. Dieses Tandem zeigt psychiatrische Dimensionen. Was der scheinbar stoisch-ruhige Ehemann davon hält?

      Jürg Streuli

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